Es gab Zeiten, in denen waren wir begeisterte Radsport-Fans.

Ja, diese Zeiten waren sehr schön. Zwischendurch wurden diese schönen Zeiten allerdings auch ein wenig getrübt, so z.B. an der Tour de Suisse vor ein paar Jahren. Wir standen im Zielraum einer Ettapenankunft und fotografierten mit Begeisterung die Radsport-Cracks. Dann kam Lance Armstrong. Ein relativ junger Dopingkontrolleur ging zu im hin und forderte Armstrong auf zur Dopingkontrolle mitzukommen, Armstrong schenkte im keine Beachtung und fuhr einfach weiter. Daraufhin hielt der Kontrolleur das Fahrrad von Armstrong am Sattel fest und sagte „bitte mitkommen“. Der Gesichtsausdruck von Armstrong veränderte sich schlagartig, er drehte sich zum Dopingkontrolleur hin um und schrie in mit folgenden Worten an „lass mein Fahrrad los, oder ich verklage dich“.
Wir standen ungläubig daneben und konnten nicht fassen was wir zu Gesicht bekamen.
Der junge Kontrolleur lies nicht locker, kurz darauf kam aber ein etwas älterer Dopingkontrolleur hinzu und sagte zum jüngeren Kontrolleur das er in sofort los lassen soll. Wiederwillig ging Armstrong dann zur Kontrolle (wäre er nicht mitgegangen, wäre er vom Rennen ausgeschlossen worden). Armstrong war etwa 20 Minuten in der Dopingkontrolle, die Wahrheit über diese Kontrolle werden wir wohl nie erfahren.

So waren wir über die jetzigen Doping-Geständnisse des siebenfachen Tour de France Siegers Lance Armstrong wenig überrascht, und dennoch traf uns dies wie eine Bombe. Den er, der absolute „Held“ des Radsports, war bei all seinen Siegen gedopt.

Wir waren nie Naiv, uns war immer Bewusst das Doping mit dem Radsport verbunden ist wie das Amen mit der Kirche. So haben wir die Doping-Verstrickungen im Radsport bereits einmal in einem etwas anderen Artikel niedergeschrieben und aufgezeigt. Bereits für Eddy Merckx war die Einnahme von Leistungssteigernden Substanzen etwas völlig normales, diese „Normalität“ hat sich bis heute im Radsport gehalten. So erstaunt uns auch immer wieder das Verhalten des „Schweizer Radsport-Helden“ Fabian Cancellara. Auf das Thema Doping war er noch nie sonderlich gut zu sprechen, zu den neusten Geständnissen von Armstrong sagte er diplomatisch:

«Sicherlich ist der Radsport jetzt auf der ganzen Welt ein Thema. Wie ich schon mehrere Male gesagt habe, ist Doping kein reines Radsport-Problem. Doping ist ein Problem aller Sportarten, ein globales Problem. Ich bete dafür, dass wir einen besseren Weg einschlagen und ich denke, dass wir das schaffen werden.»

Tja, dies ist in etwa derselbe Spruch wie wir in seit Jahren von diversen Fahrern hören (unter anderem auch von Lance Armstrong).
Irgendwie ist es wohl einfach so, das ein Radfahrer nichts schlechtes über einen anderen Radfahrer sagt und einen anderen auch niemals anprangern würde, denn es sitzen ja alle im selben Boot.
Wie bereits in unserem Artikel aufgezeigt ist dieses „Schutz-Verhalten“ typisch für den Radsport und sehr tief verankert.
Eigentlich kann man dies nicht nachvollziehen, denn man denkt sich das nur ein paar wenige Fahrer gedopt sind und diese die bösen Doper verraten würden. Aber weit gefehlt, keiner verratet einen anderen – der Grund dafür findet man leider in folgender Aussage von Lance Armstrong:

„Unter den Teilnehmern waren vielleicht fünf Fahrer nicht gedopt. Sie waren Helden“.

An einer Tour de France nehmen etwa 180 Radfahrer teil, laut Armstrong sind davon 175 gedopt. Da wird wohl jedem klar warum sich Radfahrer seit Jahren gegenseitig Beschützen und jeweils den sauberen Moralapostel spielen.

Man kann sich sagen „Warum sollte man jemanden der Jahre lang gelogen hat jetzt glauben schenken“?
Man kann sich aber auch fragen: „Wie kann ich mit diesem Wissen jemals wieder ein Strassen-Radsport-Event mit Begeisterung schauen“?
Was man sich sagt oder fragt, muss wohl jeder selber wissen. Wir haben Hoffnung und Glaube auf eine Besserung nun leider endgültig verloren, denn die Strukturen im Radsport sehen leider nicht nach Besserung aus.

Denn das schlimmste an der ganzen Geschichte ist, das wir heute ohne schlechtes Gewissen sagen können:
„Der Altherren-Verein UCI hat den Radsport kaputt gemacht“. Eine solche Aussage schmerzt, sowohl uns als auch jeden Radsportfahrer sowie Fan, dies ist aber leider bittere Realität.