Heute wurde Alberto Contador wegen Dopingmissbrauch schuldig gesprochen. Sein Tour de France Sieg von 2010 wurde im aberkannt und ging an den Zweitplatzierten Andy Schleck. Contador muss zudem eine Geldstrafe von 2,4 Millionen Euro plus Gerichts- und Gutachter kosten in Höhe von etwa 1 Million Euro bezahlen (dies wird wohl auch der Grund sein, warum er noch einige Jahre weiterfahren muss und nicht gleich zurücktritt :-) Sein Tour de France Preisgeld über 450’000 Euro wird er ebenfalls zurückzahlen müssen.

Contador wird rückwirkend für 2 Jahre gesperrt, er wird in diesem Jahr zwar die Tour de France und die Olympia Teilnahme verpassen, darf in einem halben Jahr ab dem 4. August 2012 aber wieder Radfahren als ob nichts geschehen wäre.
Nach der Veröffentlichung des Urteils verging nicht viel Zeit, bis sich die ersten Stimmen aus dem Radsport zum Contador-Urteil äusserten, wir haben einige eingefangen und mit einem Kommentar versehen.

Fabian Cancellara

«Das ist ein bizarrer Tag für den Radsport und ein schlechter Tag für den Sport im Allgemeinen. Es ist bedauerlich, dass so viel Zeit vergehen musste, um zu einem Verdikt zu gelangen.»

Er hat sicherlich Recht, dass es ein bizarrer Tag für den Radsport ist. Aber Bizarr daran ist wohl einzig, dass Radfahrer wie Alberto Contador den Radsport schlicht und einfach kaputt machen und das er dafür von seinen Mitbewerber noch in Schutz genommen wird. Das soviel Zeit vergehen musste um zu einem Urteil zu gelangen ist sicher bedauerlich, auch mit dieser Aussage hat Fabian Cancellara irgendwie Recht. Aber der Grund für diese lange Zeit bis zur Urteilsverkündung liegt wohl einzig an Alberto Contador welcher mit seiner Verzögerungstaktik die Gerichte ganz schön in Atem hielt (Contadors Anwälte hatten ein 600 Seiten starkes Werk zur Verteidigung ihres Mandanten zusammengetragen, diese Unterlagen müssen auch erst einmal genaustens durch die Gerichte geprüft werden).

Eddy Merckx

«Ich bin enttäuscht. Dem Radsport wurde ein Bärendienst erwiesen. Ich wünschte mir, in anderen Sportarten würde ebenso peinlich genau nach kaum nachweisbaren Spuren von Clenbuterol gesucht…»

Nun ja, wir erinnern uns das Eddy Merckx zwar viele Erfolge im Radsport vorweisen kann, aber er ist auch der Mann welcher mehrfach positiv auf Dopingmittel getestet wurde. Für ihn scheint das konsumieren von Doping eine Selbstverständlichkeit zu sein. Bei Radfahrer seiner Generation war es dies sicherlich auch. Selbst wenn die Spuren von Clenbuterol „kaum nachweisbar“ sind, so sind sie da und wir Fragen uns; was hat ein Mittel welches man zur Kälberzucht benötigt (und selbst dort verboten ist) im Körper eines gesunden Menschen verloren?

Oscar Pereiro

«Zwei Jahre Sperre gegen Alberto Contador, und im Urteil steht, dass Doping nicht nachgewiesen werden konnte? Von welchem Niveau ist ein solches Schiedsgericht? Schon Alejandro Valverde wurde ohne Nachweis gesperrt. Wahrscheinlich verbünden sich alle gegen uns Spanier…»

Wir erinnern uns: Alejandro Valverde wurde nachweislich wegen Blutdoping gesperrt. Er stand sogar auf der Dopingliste von Fuentes, dem Doping-Guru im Radsport.
Oscar Pereiro selbst wurde auch schon positiv auf das Dopingmittel Salbutamol getestet und konnte sich nur mit einer umstrittenen Ausnahmegenehmigung aus der Affäre ziehen. Sein Angriff auf das Gericht und seine Verschwörungstheorie „gegen die Spanier“ zeigt das ihm die Argumente fehlen und sind einfach nur lächerlich. Diese Reaktion ist im Radsport aber üblich, Bereits auf den kleinsten Dopingvorwurf reagieren Radfahrer agressiv oder versuchen die Kritiker Mundtot zu machen.

Carlos Sastre

„Das Urteil entbehrt jeder Logik. Man kann einen Profi nicht zu einer Sperre verurteilen, wenn ihm kein Doping nachzuweisen ist.“

Auch bei Carlos Sastre wurden schon sehr verdächtige Blutwerte festgestellt und er gehört wahrscheinlich zu den Fahrern welche Ihre Erfahrungen mit Blutdoping gemacht haben. Er sitzt im selben Boot wie Pereiro und dementsprechen fällt auch seine Aussage aus.

Andy Schleck (neuer Toursieger 2010 nach Disqualifikation Contadors wegen Dopings)

„Es gibt keinen Grund, jetzt glücklich zu sein. Zuallererst bin ich traurig wegen Alberto. Ich habe immer an seine Unschuld geglaubt. Das ist ein sehr trauriger Tag für den Radsport. Positiv ist nur, dass es nach 566 Tagen Ungewissheit ein Urteil gibt. Ich vertraue darauf, dass die Richter nach dem Studium des 4.000-Seiten-Dossiers alles berücksichtigt haben. Wenn ich zum Gesamtsieger der Tour 2010 erklärt werde, macht mich das nicht glücklich. Ich habe mit Contador im Rennen gekämpft und verloren. Mein Ziel ist es, die Tour auf sportlichem Weg zu gewinnen, nicht vor Gericht. Wenn ich heuer gewinne, wird es mein erster Tour-Sieg sein.“

Michele Scarponi

«Zusammen mit meinem Team Lampre anerkenne ich das Urteil des Schiedsgerichts. Aus menschlicher Sicht tut es mir leid für Alberto. Das Verdikt ändert nichts am Wert der von mir erzielten Ergebnisse und an meinen Zielen.»

Auf den ersten Blick könnte man meinen, die Stimmen von Schleck und Scarponi sind wirklich qualifizierte Aussagen zur Contadors Sperre. Wir glauben auch das es ihnen für Contador leid tut, jedoch scheint es trotzdem fragwürdig. Denn normalerweis haben Menschen mit anderen Menschen welche etwas essentielles zerstören wenig Mitleid (in diesem Fall geht es immerhin um die zerstörung des Radsports). Die Aussage zeigt aber auch, wie gross die Verbundenheit im Radsport ist, denn praktisch jeder Radfahrer weiss genau „Es hätte auch mich treffen können“. Das die Verbundenheit im Radsport sehr gross ist, haben wir bereits in unserem Artikel „Doping – Von Fabian Cancellara bis Eddy Merckx“thematisiert. Ein Radfahrer würde niemals einen Mitbewerber wegen Dopings veraten, denn er weiss genau „Ich sitze im selben Boot“ und so ist auch das Mitleid dementsprechend gross.

Pat McQuaid (UCI Verbandspräsident)

„Das Urteil des Sportgerichtes bestätigt die Position der UCI. Trotzdem verspüren wir keine Genugtuung. Wir begrüßen die Entscheidung vor allem deshalb, weil sie das Ende einer langdauernden Angelegenheit darstellt, die für den Radsport äußerst schmerzhaft war. Das ist ein trauriger Tag für unseren Sport. Manche werden von einem Sieg reden, aber das ist nicht der Fall. Es gibt beim Thema Doping keine Gewinner. Jeder Fall ist ein Fall zu viel.“

Er hat mit seiner Aussage sicherlich Recht, aber seit dem die UCI von Dopingmeister Lance Armstrong Geldspenden erhalten hat,  bleibt bei solchen Aussagen aber einfach ein schaler Nachgeschmack hängen. Der UCI wär sicherlich lieber gewesen, wenn dieser Fall schnell in vergessenheit geraten oder gar nie öffentlich geworden wäre.

Christian Flick (Rechtsanwalt und Sportrechts-Experte):

„Das Urteil hat massive Auswirkungen im internationalen Sportrecht. Sportler müssen sich so weit exkulpieren, dass sie mit hundertprozentiger Sicherheit die Unschuld beweisen können. In einem Strafverfahren wird im Zweifel zugunsten des Angeklagten entschieden, hier aber im Zweifel gegen den Athleten, der sich nach außen hin nicht hundertprozentig reinwaschen kann. … Das ist eine unglaubliche Verschärfung, weil die ganze Beweislast auf dem Rücken des Athleten ruht.“

So soll es sein , ein Kälberzuchtmittel hat im Körper eines Sportlers nichts verloren. Für Sportler welche einen solchen Dreck nicht zu sich nehmen, sollte der Beweis relativ einfach sein.

Hans-Michael Holczer (Chef Rad-Teams Katjuscha):

„Ich kann nicht jubeln, weil wieder Negativschlagzeilen produziert wurden. Aber es ist auch als gutes Zeichen zu werten, dass unabhängig von Person und Reputation ein solches Urteil gefällt wurde.“

Genauso wie Hans-Michael Holczer sehen wir es auch :-)