Wir haben den sichtlich abgelenkten Lucas Huppert im Züritrails Jumppark zum Interview getroffen. Der 17-jährige steckt mitten in den Vorbereitungen fürs diesjährige Swatch Rocket Air in Thun.

Erzähl uns doch zu Beginn wer du bist Lucas.
Mein Name ist Lucas Huppert, ich bin 17 Jahre alt und wohne in der Nähe von Zürich.
Ich fahre sehr intensiv Mountainbike Slopestyle und bin ausserdem im 2. Lehrjahr als Elektroinstallateur. In den letzten beiden Jahren wurde ich Swiss Dirt King und bin bereits zum vierten Mal ans Swatch Rocket Air in Thun eingeladen. Das wär’s eigentlich über mich.

Wie bist du zum Sport gekommen?
Meine Mutter schickte mich in unserem Dorf in einen Crosscountry Bike Verein. Das fand ich sehr interessant. Im Garten von Ralf Schneider, der bei uns in der Nähe wohnte, gab es einen kleinen Dirtpark. Dort begann ich zu fahren und Tricks zu lernen. Seitdem sitze ich fast täglich auf dem Bike.

Was bedeutet Mountainbike für dich?
Das ist eigentlich der grösste Teil meines Lebens. Die meisten Freunde von mir fahren ebenfalls und so verbringe ich praktisch meine ganze Freizeit auf dem Fahrrad. Die Frage, was ich an einem freien Abend oder einem Wochenende mache, stellt sich eigentlich nie.

Ohne geht also nicht mehr?
Nein definitiv nicht.

Unterstützt dein Umfeld deine Karriere?
Ja total. Mein Chef gibt mir oft unbezahlten Urlaub für Contests. Bedingung ist allerdings, dass meine Schulnoten und mein Einsatz im Geschäft gut sind. Meine Eltern unterstützen mich so gut sie können. Sei es mich an einen Contest fahren, wenn von uns niemand ein Auto hat, mir bei den Reisekosten unter die Arme greifen oder Fahrradteile ersetzten, was jetzt aber kein Thema mehr ist, da ich einen Sponsor gefunden habe.

Sie waren also nie skeptisch als du gesagt hast, du willst Profisportler werden?
Nein. Sie haben gesagt, mach was dir Spass macht und solange es das tut, unterstützen wir dich dabei.

Was ist denn dein Lieblingsevent?
O Marisquiño in Vigo (Spanien) finde ich sehr geil. Der Contest ist besonders, weil er in der Stadt ist, die direkt am Hafen liegt. Unsere Schanzen sind etwa fünf Meter vom Meer entfernt, es ist schön warm, es gibt viele Disziplinen und nicht zu vergessen die spanischen Frauen (lacht). Es ist eigentlich die spanische Version vom freestyle.ch. Natürlich mag ich auch das Swatch Rocket Air in Thun und die Bike Days in Solothurn. Beim Rocket Air und den Bike Days sind halt alle Schweizer Fahrer vor Ort und der Kurs ist bei beiden Events perfekt zum Fahren. Gerade beim Rocket Air ist die Atmosphäre mit den tausenden von Zuschauern unglaublich. Es ist auch Show, nicht nur Wettkampf finde ich.

Du hast dich vor einiger Zeit verletzt. Was ist passiert?
Ich bin beim Training gestürzt und hab mir das Kahnbein (Teil des Handwurzelknochens) verletzt. Das war übrigens der erste Knochenbruch in meinem ganzen Leben. Inzwischen ist aber alles vollständig verheilt.

Wie hast du dich aufs Rocket Air vorbereitet?
Ich war jeden Tag im Jumppark am Fahren. Wirklich, wirklich jeden Tag. Bei schönem Wetter jedenfalls. Ich trainiere eigentlich immer mit Jan Hagemann, Dominik Widmer und Lukas Weilenmann zusammen.

Machst du sonst noch Sportarten um dich fit zu halten?
Ich skate auch sehr gerne. Zu Hause mache ich Fitnessübungen, hauptsächlich mit Eigengewicht und ohne zusätzliche Gewichte. Ab und zu gehe ich auch joggen.

Wie, denkst du, stehen deine Chancen am Rocket Air?
Hmm. Wenn ich meinen Run auf die Reihe bekomme, sollte es gar nicht so schlecht aussehen. Was die anderen im Winter Neues gelernt haben, weiss ich aber nicht. Ich selbst hatte im Winter, aufgrund meiner Verletzung, gar kein Training. Das wirft mich natürlich ein wenig zurück.

Gar nicht so schlecht heisst Finale?
Ja eigentlich könnte das klappen. Wenn ich meinen Run durchziehen kann, sollte es durchaus möglich sein.

Wie sieht dein Training normalerweise aus?
Drei bis vier Mal pro Woche im Jumppark oder bei NT Dirt beim Glattpark fahren, vor den Wettkämpfen öfters. Das läuft bei uns in der Regel so: wir flowen ein bisschen, dann auf dem Jump jeden Trick durchgehen und zum Schluss wieder flowen. Wir machen aber jeden Trick mindestens einmal. Im Winter bin ich oft im Skills Park unterwegs. An den Wettkämpfen selbst kann man natürlich auch viel trainieren.

Wie gehst du an Contests mit Angst und Nervosität um?
Ich habe in unserem Dorf einen Mentaltrainer besucht. Er hat mir ein paar Übungen gezeigt, beispielsweise einen Contest in mehrere Zonen einteilen. Auf jede Zone kann man sich mental anders einlassen und vorbereiten. Die letzte Zone wäre zum Beispiel oben am Start. Dort gibt es verschiedene Konzentrationsübungen, die man machen kann. Ob das hilft, wird sich an den kommenden Contests zeigen. Vieles, das ich bei anderen Fahrern bisher gesehen habe, kann ich nun aber besser nachvollziehen.
Das Beste ist aber immer noch, zu versuchen cool zu bleiben. Man darf sich nicht einreden, dass ein Contest so viel anders ist als das Training. Man hat die Tricks und seinen Run ja im Training geübt und alles geschafft. Sich nicht stressen lassen und locker bleiben, dass ist das Geheimnis.

Zweifelst du manchmal auch an dir?
Als ich mich verletzt habe kurz. Jetzt aber nicht mehr, da ich alle Tricks noch problemlos beherrsche. Richtig zweifeln, tue ich aber nie. Klar bin ich nervös. Aber wenn ich mal glaube, dass ich etwas nicht hinbekomme, dann tue ich es auch nicht.

Hast du ein spezielles Ritual an den Contests?
Ich versuche sicherlich so viel wie möglich auf dem Kurs zu fahren, bevor die Runs gewertet werden. Ausserdem versuche ich gar nicht erst nervös zu werden und runterzufahren. Direkt vor dem Start atme ich immer tief durch, nehme ein bisschen Dreck vom Boden in die Hand, umklammere meine Lenker und klopfe ihn anschliessend aus. Dann geht’s los.

Worauf freust du dich in diesem Jahr am meisten?
Auf einen geilen Sommer mit viel Fahrradfahren. Selbstverständlich auch auf die Wettkämpfe, insbesondere aufs Crankworx in Innsbruck. Ziemlich sicher werde ich auch ein Videoprojekt umsetzen.

An welche Wettkämpfe bist du denn eingeladen?
Swatch Rocket Air, Bike Days, FISE Montpellier und Chengdu (wenn’s klappt), Glemmride, O Marisquiño und Zürich Jumppark Dirt Contest. Sonst gibt’s eigentlich fast keine Wettkämpfe mehr. Schon recht traurig.

Was war das Schlimmste, das du bisher erlebt hast beim Mountainbiken?
Als ein Freund gestürzt und auf den Kopf gefallen ist. Das sah recht übel aus, mit Schaum vor dem Mund und so. Er hatte danach unteranderem das Schlüsselbein gebrochen.

Was ist deiner Meinung nach dein bester Trick?
360 Barspin to Downside Tailwhip.

Und welchen Trick möchtest du unbedingt noch lernen?
Einen 360 Tabletop. Aber einen perfekten!

Wie beschreibst du deinen Fahrstil?
Ich denke ich habe einen guten Mix aus Tricks und Flow. Meine Tricks sind eher technisch als akrobatisch.

Wer ist dein grösstes Vorbild oder eine Inspiration für dich?
Mich inspiriert jeder Fahrer, der extrem kreativ und einzigartig fährt. Müsste ich jemanden auswählen, würde ich sagen Brett Rheeder. Er macht kreative Tricks und noch dazu mit extrem viel Style.

Was gefällt dir am meisten am Sport?
Das du keine Vorgaben hast. Du kannst jeden Trick machen den du willst, es gibt kein richtig oder falsch. Ausserdem sind wir alle wie eine grosse Familie, die sich gegenseitig unterstützt. Wir leben alle für den Sport und sind happy damit.

Setzt du voll auf den Weg als Profisportler oder wirst du auch als Elektroinstallateur arbeiten?
Ich mache meine Lehre nicht einfach, damit ich eine habe. Der Beruf gefällt mir wirklich und ich kann mir vorstellen darin zu arbeite. Mein Traum ist aber schon, Profisportler zu werden und vom Mountainbiken leben zu können.

Wie bringst du Ausbildung und Sport unter einen Hut?
Das erfordert viel Disziplin und Organisation. Ich lerne viel im Zug oder bleibe an einem Abend zu Hause um den Stoff der ganzen Woche zu lernen. So kann ich die restliche Woche Fahrradfahren.

Klappt das denn mit den Noten?
Die sind sogar sehr gut. Ich habe einen Gesamtnotendurchschnitt von 5.8!

Worauf bist du in deiner Karriere bisher am meisten stolz?
Das ich im August 2017 die Eurobike Progression Session gewonnen habe. Beim O Marisquiño in Vigo wurde ich mal Elfter. Mit meinem dreier Whip Double Bar konnte ich einen world’s first am Bikefest in Basel zeigen. Das sind meine bisherigen Highlights.

Wo siehst du dich in 5 bis 10 Jahren?
Auf jeden Fall das Leben geniessen und viel am Fahrradfahren. In zehn Jahren könnte auch Familienplanung ein Thema sein (lacht).

Irgendwelche abschliessenden Worte?
Danke für die Einladung zum Interview. Ich freue mich wahnsinnig auf die kommende Saison. Peace out.

Wir danken Lucas, dass er uns in seinen strengen Trainingsplan quetschen konnte und wünschen ihm am Swatch Rocket Air in Thun viel Erfolg.

Steckbrief
Name: Lucas Huppert
Alter: 17 Jahre
Herkunft: Zürich
Wohnort: Niederweningen, Zürich
Beruf: Elektroinstallateur in Ausbildung
Sponsoren: TSG, Biroma, Chromag, Gin Rims, Züritrails, Gummilove, Comerge, Flying Metal Crew, Trek

Karriere
2017: Swiss Dirt King
2016: Swiss Dirt King
2014: Swiss Dirt King

Mehr Informationen zu Lucas Huppert unter: www.facebook.com/LucasHuppertathletepage